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Torsten „Otto“ Berg

Heute morgen, irgendwann zwischen Trondheim und Karlsruhe sitze ich hier an meinem Schreibtisch um eine wichtige Angelegenheit zu beenden, welche ich schon viel zu lange vor mir her geschoben habe:
Ganz genau weiß ich nicht warum ich die nun knapp über 3 Monate benötigt habe um das niederzuschreiben was ich eh schon lange im Kopf habe und was mir auch ein persönliches Anliegen ist:

  • vielleicht weil ich von der ganzen Geschichte ein wenig Abstand benötigte…
  • vielleicht weil diese zu Papier gebrachten Worte ein weiterer Meilenstein des Abschiednehmens für mich bedeuten…
  • vielleicht wollte ich mich aus Bequemlichkeit auch so spät wie möglich dieses Themas annehmen…

 

Eigentlich ist es auch egal, denn ich empfinde es als wichtig und unerlässlich Euch aus meiner Sicht einige Anmerkungen/ Geschichten/ Anekdoten zu erzählen über einen Menschen, den Ihr alle mehr oder minder lang kanntet und der der Grund für Euren Besuch auf dieser Homepage ist.
Denn mein Freund und langjähriger Weggefährte Torsten „Otto“ Berg ist am 24.06.2007 verstorben und nur 4 Tage darauf haben einige hundert Menschen ihm sein letztes Geleit auf dem Friedhof in Buer geben müssen.
Der Verlust von Torsten bzw. Otto hat mich bis ins Mark getroffen und macht mich auch heute noch unendlich traurig!
Das Erstaunliche an dieser besonderen Person ist bzw. war, dass ihn alle irgendwie kannten, aber keiner so richtig, weder seine Eltern noch seine langjährigen Freunde oder viele weitere- ich weiß nicht wie viele- Leute, denn er verstand es (oder vielmehr bevorzugte es) die unterschiedlichen Teilbereiche seines Lebens mehr oder weniger strikt voneinander zu trennen.
Deshalb hoffe ich, dass möglichst viele von Euch sich dazu motivieren können, einige Sätze zu verfassen um uns anderen an Euren gemeinsamen Erlebnissen mit diesem außergewöhnlichen Typen teilhaben zu lassen, denn dass es da zahlreiche lustige und ereignisreiche Geschichten zu erzählen gibt, davon bin ich 100%-ig überzeugt.
Also ran an die Feder / PC und schreibt was das Papier bzw. die Festplatte hergibt!!!!

Torsten als Kind

Torsten und ich, beide 71er-Jahrgang („der beste Jahrgang“ wie er selbst immer zu sagen pflegte), trafen uns erstmals 1974 im Alter von 3 Jahren im Kindergarten an der Biele in Gelsenkirchen-Hassel.
Wie uns später berichtet wurde verlief unser erstes Treffen folgendermaßen:
Eines Tages spielte ich fröhlich und allein mit vielen bunten Bauklötzchen aus Holz und als es mir mit viel Mühe endlich gelungen war aus den vielen Einzelteilen ein turmähnliches Gebilde zu erstellen kam ein mittelblondes Kind mit tapsigen Schritten des Weges, schaute erst kurz auf mich, dann auch den neu errichteten Turm und hatte nichts besseres zu tun als diesen mit seinen Händen einen Schubs zu geben so dass dieser umfiel…
Daraufhin schaute er mich blöde an mit seinen braunen Augen, wahrscheinlich wollten die Augen mir -wie später noch hunderte Male bei uns allen- sagen:
Ich war es zwar, konnte aber eigentlich nichts dazu und leid tut es mir auch, zumindest irgendwie…
Trotzdem war meine Wut erwacht und da ich in diesem Alter noch nichts mit unschuldigen Blicken anfangen konnte, stand ich mit meinem, na sagen wir mal etwas „voluminösen“ Körper auf, und wollte diese Greueltat rächen indem ich anfing Torsten kräftig zu schubsen, geradeso wie er es mit meinem Turm getan hatte. Nur mit allergrößter Mühe der Kindergärtnerin konnte dieser Streit, der sich leicht zu einem ernsthaften Konflikt hätte ausweiten können, von der Kindergärtnerin nach einiger Schimpfe beendet werden und als wir beide nun gemeinsam an die bunten Bauklötze gesetzt wurden und anfingen zusammen einen Turm zu erbauen war dies sozusagen der Startschuß für unsere große Freundschaft und viele tolle gemeinsame Erlebnisse.

Als erste Sofortmaßnahme unserer neuen Freundschaft, welche wir damals wahrscheinlich noch nicht als solche verstanden, beschlossen unsere Eltern, dass es doch eine nette Idee (und natürlich eine Arbeits- und Zeitersparnis ihrerseits) wäre, wenn wir zukünftig die Wege zum Kindergarten gemeinsam bestreiten würden. Folglich wurde, ich glaube es war wöchentlich, die Betreuung vom kleinen mittelblonden Prinz-Eisenherz-Verschnitt mit Pisspott-Frisur (Pony bis fast zu den Augenbrauen) und dem roten Mini- Bud Spencer aufgeteilt und wir wurden abwechselnd von Torstens Oma Heidebruch und meiner Mutter in den Kindergarten begleitet, um den Hals einen bunten Kindergartenbeutel mit sämtlichen Utensilien, welche 3-5 Jährige so benötigen.
Fortan spielten wir fast jeden Tag miteinander, aßen gern Spaghetti bei uns von meiner Mutter gekocht und Torsten ließ mich auch an Oma Heidebruchs Altersvorsorge teilhaben indem er mir am Monatsende häufig aufgeregt mitteilte: „Jörg, Jörg, komm´ schnell die Oma hat Rente geholt, da bekommen wir wieder Weingummi von der Bude.“
Diese hier genannte Bude übrigens bildete den geographischen Mittelpunkt zwischen Torstens und meinem Zuhause und hier kauften wir später nicht nur Weingummi…
Dieses Kennenlernen und die gemeinsame Zeit im Kindergarten musste später als ständiges Symbol unserer Freundschaft herhalten, denn immer wenn wir mit fortschreitendem Alter uns gegeneinander Leute vorstellten, hieß es immer nicht ohne Stolz: „Das ist Otto (bzw. der Rote), wir waren schon gemeinsam im Kindergarten.“

Die nächste große Herausforderung unseres noch kurzen Lebens sollte allerdings nicht lange auf sich warten lassen:

Die Grundschule!

Dabei gab es allerdings zunächst ein Problem: Wie eingangs bereits erwähnt, waren Torsten und ich beide Jahrgang 71, aber während er im April, genauer gesagt am 05. April geboren wurde, bin ich ein Kind des Sommermonats August. Dies bedeutete zu jener Zeit, da der 30. Juni der Stichtag der Einschulung war, nichts anderes, dass ich regulär erst ein Jahr später hätte eingeschult werden sollen. Da eine Trennung von Torsten, und ich gebe zu unserer süßen Nachbarstochter Silke für mich nicht ansatzweise in Frage kam, quengelte und zeterte ich solange bis meine Mutter über die bürokratischen Vorschriften hinweg mir eine Aufnahme- bzw. Reifeprüfung  für die Grundschule ermöglichte, welche ich dann auch schließlich und letztlich bestand.
Es konnte also weitergehen. Wir besuchten die Klasse 1 a der Grundschule an der Velsenstr., unser Klassenlehrer war Hr. Tysper, der immer eine graue Jacke mit schwarz-weißem Querbalken trug und, wenn er länger sprach, weißen Schaum in den Mundwinkeln hatte. Leider ist er auch bereits verstorben.
Aufgrund des neuen Klassenverbands wuchs unsere 2-köpfige Wegegemeinschaft ordentlich an, und zwar um: Susi (Ottos Nachbarin), Silke (meine Nachbarin), Benedikt (vom Ende der Straße) und Martin. Martin wiederum „vergaßen“ wir häufiger auf den Schulwegen, weil er sich bereits in den ersten Schuljahren zum Streber entwickelte, z.B. erklärte er uns schon in der 2.Klasse die Funktionsweise eines Bauernhofes anhand eines Modells und arbeitete in der 4.Klasse bereits zuhause mit einem Bunsenbrenner.
Anfangs noch in Begleitung eines Erziehungsberechtigten, später dann frei und ungebunden liefen wir jeden Tage den Weg hin zur Schule und dann wieder zurück. Allerdings mussten wir unseren Eltern 2 Dinge versprechen:

  • Wir sollten alle zusammen bleiben

Dieses erste Versprechen wurde allein schon deshalb unterwandert, da wir häufiger vergaßen Martin abzuholen, außerdem hatte Susi eines schönen Tages auf dem Rückweg –warum auch immer- ihren Tonister in der Schule vergessen und wir, damals schon ganz gentlemen-like, hatten es zwar bemerkt, es ihr aber nicht gesagt. Diese hatte zur Folge, dass Susi heulend allein zur Schule hin- und wieder zurücklaufen musste.

  • Wir sollten niemals den „Schwarzen Weg“ gehen

Dies war anfangs viel spannender, denn abseits von unserem direkten Schulweg gab es ein kleines Waldstück durch das ein kleiner Pfad mit grau belegtem Kies führte. Auf keinen Fall sollten wir dieses Waldstück durchqueren! Diese Regel durchbrachen Torsten und ich relativ bald indem wir die anderen außen rum laufen ließen und später wieder zu Ihnen aufschlossen, immer in der Hoffnung, dass irgendetwas spannendes passieren könnte. Als nach mehreren Wochen immer noch keine besonderen Ereignisse stattgefunden hatten, waren wir es dann auch leid und gingen wieder den gesamten Weg mit den anderen und ließen uns am Ende des Schuljahres dafür loben wie toll wir doch die Regeln eingehalten haben.

Unsere Ferien verbrachten Torsten und ich zumeist damit Fußball zu spielen oder im benachbarten park- bzw. waldähnlichen Gelände, genannt „Entuck“ (nicht zu verwechseln mit dem Waldstück mit dem Schwarzem Weg) auf Abenteuerjagd zu gehen.
Zwischendurch gingen wir auch zur Bude und kauften nicht nur Weingummi und Fußballbilder, sondern machten auch Späße mit dem ca. 75-jährigen Budenverkäufer mit seiner Schlägermütze. Dieser war leider schon ein wenig altersschwach, was uns allerdings nicht davon abhielt für 5 Mark lila Violinos (Stückpreis: 1 Pfennig) zu bestellen, diese von dem Budenmann im Schneckentempo abzählen zu lassen und ihm dann mitzuteilen, dass wir leider unser Geld vergessen haben. 
Irgendwann, wo und wann und warum weiß ich nicht mehr,  bekam unsere Gemeinschaft Zuwachs und zwar jemanden, der den meisten hier auch ein Begriff sein dürfte und zwar: Arno bzw. DJ Gelsenbeat. Arno, in GE geboren und dann aufgrund einer Entscheidung seiner Eltern nach Düsseldorf zwangsdeportiert, verbrachte seine Ferien und viele Wochenenden bei seiner Oma Frieda auf der Dillbrinkstr., ca. 200 Meter von meinem Zuhause und ca. 400 Meter von Torstens Zuhause entfernt. Aus unserem Duo wurde ein Trio und fortan gestalteten sich unsere Ferientage, v.a. die Vormittage, etwas anders, denn Torsten und ich mussten jeden Morgen auf den Herrn aus Düsseldorf warten, damit dieser ausschlafen, frühstücken und sich anziehen konnte. Diese Wartezeit vor Oma Friedas Haustür verkürzten wir zumeist damit indem wir Wandschießen spielten. Leider trafen wir bei diesen Spiel auf häufiger mit dem Fußball die Garagentore, was dafür sorgte, was für ein sehr lautes Geräusch sorgte. Dies hatte wiederum zur Folge, dass die Nachbarin der Oma herauskam, mit uns schimpfte und es mächtig Ärger gab.
Den nachfolgenden Anblick müsst Ihr Euch ungefähr so vorstellen:
Ich war übergewichtiger Rothaariger mit schwarzem SC Hassel-Trainingsanzug, Otto, der in der Jugend für Borussia Scholven spielte, trug einen blauen Retro-Adidas-Trainingsanzug, für welchen er heutzutage auf jeder House-Party einen riesigen Applaus bekommen würde., aber der absolute Hammer war Arno. Arno war gekleidet mit einem schwarzen Micky Mouse-Jogger, auf dem Oberteil das Wort Micky und ein Mauskopf abgebildet, auf der Hose der Nachname und der Maus-Unterkörper….
So ging es dann meist zum Fußball, wobei unsere bevorzugte Spielweise das 1 gegen 1 mit festem Torwart war. Die Spiele hatten meist folgende Ergebnisse.


Torsten - Arno 3-0      
Torsten - Jörg 3-0
Arno    - Jörg 3-2  oder  2-3  beide n.V.  

Torsten war zu dieser Zeit der weitaus beste Fußballer von uns Dreien.   

Dies galt übrigens auch für unsere schulischen Leistungen, bei einer 2 von mir bekam Torsten eine 1, wenn ich eine Siegerurkunde in Sport hatte, wartete er mit einer Ehrenurkunde auf, als ich mit 39 Punkte meine Fahrradprüfung bestand meldete er als einer der Klassenbesten 41 Zähler. Dies störte mich allerdings nicht sonderlich, auch nicht, dass ich beim gemeinsamen Fangen von Kaulquappen für den Sachkundeunterricht in einen Tümpel hineinfiel während Torsten so gerade eben noch das Gleichgewicht halten konnte…Nein…was mich wir störte war, dass er viel tollere Spielsachen als ich besaß und geschenkt bekam.
Wenn ich zu Weihnachten einen Playmobil-Bauernhof geschenkt bekam, so wurde ihm ein Piratenschiff unter den Tannenbaum gelegt.
Wenn ich ein Geschicklichkeitsspiel mit Kugeln aus Holz bekam, so erhielt er einen elektronischen Flipper mit Batterien.
Nett von Torsten war allerdings, dass Arno und ich, nachdem wir ihm lange genug beim flippern zugesehen hatten, auch mal spielen durften, nicht nett war, dass – im Gegensatz zu ihm- bei uns die Batterien herausgenommen wurden, so dass bunte Lichter und Geräusche ihm vorbehalten waren und wir nur stumme Kugeln nach oben schießen durften.
Neben dem Flipper sah Torstens Kinderzimmer aus wie jede andere auch, ein Bett, umwandelbar zur Couch, eine Wandschrank aus Buche mit Ernie-Spardose, Mini-Tresor und einigen Kinderbüchern, sowie das eben schon erwähnte Piratenschiff auf der Fensterbank.
Darüber hinaus sammelte er – wie sein Vater – Bierdeckel und Kartenspiele, wobei die Kartenspiele aufgrund seines ausgeprägten Ordnungssinns von Kreuz As bis Karo 7 hierarchisch geordnet waren.
Ein weiteres auffälliges Teil in seinem Zimmer war die Kicker-Stecktabelle, welche jahrelang bis zu seinem Auszug aus der elterlichen Wohnung immer wieder aktualisiert an den Wandschrank mit Tesa-Film befestigt wurde und immer, wen wundert es schon, Schalke auf Platz 1 in der Bundesliga auswies (Und das wohlgemerkt: Anfang der legendären 80er Jahre !!!). Nachfolgend kamen dann alle Vereine mit ihrer tatsächlichen Platzierung, Ausnahme war BorXXXXX DoofXXXX, welcher sich leider mit dem letzten Platz der 2. Bundesliga zufrieden geben musste.

Viele Menschen sagen ja, dass die Jugend besonders prägend für das weitere Leben ist, ja mehr ich darüber nachdenke, diese Kicker-Stecktabelle war irgendwie auch ein Abbild seines Lebens…

 

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